Goldpreis-Manipulation: Fakt oder Fiktion?

Verschwörungstheorien gibt es überall. Besonders ufern sie aber aus, wenn es um Geld geht. Nach der weltweiten Bankenkrise im Jahr 2008 und den nicht abreisenden Skandalen um Manipulation, Bonuszahlungen und unmoralisches Verhalten ist das Vertrauen in den Finanzsektor auf einem Tiefstand – ein Nährboden für Verschwörungen.
Doch nicht nur Verschwörungstheoretiker vermuten eine Manipulation des Goldpreises, sondern auch renommierte Börsenprofis. Schon 2005 behauptete ein Schweizer Bankier in einem Buch, dass der Goldmarkt seit über 40 Jahren von einer internationalen Macht- und Finanzelite manipuliert werde. Ein deutscher Analyst will Auffälligkeiten im Kurs seit 1993 statistisch nachgewiesen haben. Dann melden sich jedoch wieder andere Goldexperten zu Wort, die sagen, es gebe keine harten Beweise für eine Manipulation.
Immer wieder kann man starke Kurseinbrüche innerhalb weniger Minuten und erhebliche Preisschwankungen beobachten. Gibt es also tatsächlich Manipulationen des Goldpreises?

Wie kommt der Goldpreis zustande?

Der Preis für eine Feinunze Gold entsteht an Rohstoffbörsen durch das weltweite Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage und wird vorwiegend in US-Dollar notiert. Bei der Preisfindung spielen viele Faktoren eine Rolle:

  • der Dollarkurs
  • die Zinssätze
  • der Ölpreis
  • der Preis anderer Edelmetalle.

Zusätzlich beeinflussen die Emotionen der Händler den Wert von Gold, darunter Angst vor Inflation, Reaktionen auf politische Ereignisse, Spekulationen und Zukunftserwartungen. Und – so ein häufiger Vorwurf – staatlichen Eingriffe von Notenbanken, wie der US-amerikanischen Federal Reserve Bank.
Die Fed manipuliert angeblich gemeinsam mit Kreditinstituten, den Goldpreis. Der Grund: Notenbanken wollen einen niedrigen Goldpreis, denn dieser signalisiert, dass das Vertrauen in die jeweilige Papierwährung stark ist. Ein hoher Goldpreis hingegen würde bedeuten, dass sie geschwächt ist. Aber was ist dran an der angeblichen Manipulation des Goldpreises?

Warum Notenbanken Grund zur Goldpreis-Manipulation hätten – und warum nicht

Notenbanken sehen Gold als Wettbewerber für ihre Währungen und naturgemäß liegt ihnen daran, ihre eigene Macht zu erhalten. Wenn der Goldpreis nicht steigt, verliert das Edelmetall seine Attraktivität als Anlagegut.
Staatlichen Eingriffe in den Goldpreis ergeben wirtschaftswissenschaftlich allerdings nur begrenzt Sinn. Für eine Manipulation des Goldpreises als Teil der Geldpolitik von Notenbanken spricht:
  • Ein steigender Goldkurs deutet auf eine inflationäre Entwicklung hin. Menschen erwarten deshalb einen weiteren Verfall von Papiergeld und Regierungen können dessen Stabilität nicht mehr gewährleisten.
  • Sinkt der Goldpreis, sinken auch die Zinsen. Gold als Anlage wird weniger attraktiv. Festverzinslichen Wertpapieren hingegen stehen besser da.
  • Ein sinkender Goldpreis stärkt den US-Dollar. Die USA können ihre Finanz- und Budgetdefizite besser finanzieren, weil es für andere Staaten keine bessere Alternative gibt als US-Dollar.
Andererseits hält die Fed selbst die größten Goldreserven der Welt und hat ein entsprechendes Interesse an einem hohen Goldpreis. Das Edelmetall macht auch einen großen Teil der Reserven anderer Länder aus, teilweise bei bis zu 75 Prozent.
Zudem ist der Goldmarkt komplex. Sein größter Akteur mit mehr als der Hälfte der weltweiten Nachfrage ist die Schmuckindustrie. Ein Großteil des weltweiten Golds befindet sich außerdem in Privatbesitz.

Goldpreis-Manipulation am Terminmarkt

Wie wird der Goldpreis nun in den Augen der Kritiker manipuliert? Vor über 20 Jahren hat es sich das Gold Anti-Trust Action Committee (GATA) zur Mission gemacht, Manipulation des Goldpreises aufzudecken. Sie behauptet, diese finde hauptsächlich auf dem Terminmarkt statt sowie im außerbörslichen Handel in London. Und zwar über Goldswaps und Goldleihen zwischen Notenbanken und Bullionbanken sowie durch den Verkauf von Terminkontrakten.
Für die Manipulation am Futures-Markt gibt es zahlreiche Hinweise. Auffällig sind Art und Weise, Zeitpunkt und Menge des am Markt platzierten Goldes. Schließlich liegt es eigentlich im Interesse der Verkäufer, große Goldverkaufsvolumen zu verbergen. Denn ein Überangebot würde den Preis beeinträchtigen. Deshalb macht es Sinn, dass sie ihre Verkäufe in kleine Orders stückeln und sie während der aktivsten Handelszeit verkaufen.
Am New Yorker Goldmarkt COMEX beobachtet man aber auch das Gegenteil: Sehr große Order, die zur ruhigsten Zeit verkauft werden. So bricht der Preis umgehend scharf ein. Die einzig logische Erklärung für so ein Vorgehen ist der Versuch der Goldpreis-Manipulation, in diesem Fall, um den Preis zu drücken.

Goldpreis-Manipulation durch Goldleihe

Am Futures-Markt verändern sich die Besitzverhältnisse von Gold nicht. Bei der Geldleihe wird das Edelmetall aber tatsächlich bewegt. Notenbanken verleihen einen Teil Ihrer Goldreserven an Bullionbanken, die dieses am physischen Goldmarkt in London zur Verfügung stellen. An den Besitzansprüchen ändert sich bei diesem Vorgang nichts. Was sich ändert ist, dass der Goldanspruch nicht mehr komplett durch Edelmetall gedeckt ist. Es können mehr Ansprüche existieren als Gold.
Am physischen Markt entsteht so ein Angebot. Die Goldleihe basiert auf der Erkenntnis, dass große Auslieferungen von Gold zum gleichen Zeitpunkt unwahrscheinlich sind. Zum Problem werden Goldleihen erst, wenn die physischen Lieferungen nicht mehr erfüllt werden können.

Goldpreis-Manipulation – nicht unwahrscheinlich

Im Jahr 2014 musste die Barclays Bank eine Strafe in Höhe von 44 Millionen US-Dollar zahlen, weil sie Manipulation des Goldpreises durch ihre Angestellten an der Londoner Börse nicht unterband. 2018 bekannte sich ein ehemaliger Händler von JPMorgan schuldig, den amerikanischen Edelmetallmarkt manipuliert zu haben. Bewiesene Manipulationsfälle gibt es also.
Klar ist, dass die großen Akteure am Goldmarkt Einfluss auf die Entwicklung des Goldpreises haben. Die Einflussnahme ist dokumentiert, vereinzelt gab es Strafen dafür. Die Frage ist nicht, ob der Goldpreis manipuliert wird, sondern in welchem Umfang.
Die Commodity Futures Trading Commission, eine US-Behörde, die Futures- und Optionsmärkte reguliert, untersucht seit Jahren Vorwürfe gegen ein mögliches Goldkartell, kam aber bisher zu keinem Ergebnis.