Kolloidale Metalle: Zwischen wissenschaftlichem Nutzen und gefährlichem Experimentieren


Metalle werden in vielen verschiedenen Lebensbereichen eingesetzt – von der Industrie, über Chemie bis zur Wertanlage. es gibt sie in zahlreichen Formen: als Erz, Pulver, Granulat oder Barren. Eine weniger bekannte Form sind kolloidale Metalle. Ihnen sagen Alternativmediziner eine große Heilwirkung nach. Im Internet werden sie als Allheilmittel angepriesen, aber seriöse Quellen warnen vor ihren Gefahren.

Was sind kolloidale Metalle?

Ein Kolloid ist die zweitkleinste mögliche Einheit der Materie, größer nur als das Atom. Die Größe von kolloidalen Metallen bewegt sich also im Nanobereich. Sie können als Silber, Zink, Gold oder Kupfer auftreten. Hergestellt werden sie chemisch, elektrolytisch oder durch Zermahlen.
Verwendung finden kolloidale Metalle vor allem in der Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie sowie in der Medizin. Die Einsatzbereiche sind vielfältig – von Gels bis hin zu Lösungen. Ärzte verwenden beispielsweise silberbeschichtete Wundauflagen. Sie können schneller heilen als herkömmliche Verbände.
Kolloidales Silber ist auch als Silberwasser oder Silbersol bekannt. Dabei handelt es sich um eine Flüssigkeit, die winzige Silberpartikel enthält. So ist es auch in Apotheken zu kaufen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde kolloidales Silber oder gelöste Silbersalze als Desinfektionsmittel verwendet. Es wurde eingesetzt, um Wunden zu versorgen und Infektionen zu bekämpfen. Denn es gilt als natürliches Antibiotikum, das gegen Parasiten, Pilze, Viren und Bakterien verwendet werden kann. Nachteil waren die hohen Herstellungskosten und Qualitätsprobleme. Deshalb wurde es durch wirksamere Mittel wie Penicillin und andere Antibiotika ersetzt.

Kolloidale Metalle sind weiterhin ein Bestandteil des Alltags

Auch heute werden weiterhin in der Medizin eingesetzt:
  • Silberpuder zur Versorgung von Wunden
  • Silberionen werden in der Therapie von Neurodermitis verwendet, um Infektionen der Haut zu verhindern. Hier handelt es sich allerdings nicht um Silber in Form winziger Partikel.
In der Kosmetik werden kolloidale Metalle (speziell Silber) wegen seiner antimikrobiellen Wirkung etwa für Seifen und Cremes verwendet.
Kolloidales Gold besitzt seinerseits eine tiefrote Farbe und wird deshalb zur Rotfärbung von Gläsern genutzt, aber auch zum Vergolden von Porzellan. Es kann zwar gegen Rheuma helfen, ist aber wegen Nebenwirkungen nicht das Mittel der Wahl bei der Behandlung solcher Gelenkbeschwerden.

Kolloidale Metalle in der Alternativmedizin

Auch die Alternativmedizin hat kolloidale Metalle für sich entdeckt. Dort werden stark verdünnte Fertigarzneimittel vermarktet und als Allheilmittel für zahlreiche Anwendungen beworben. Von der Nervenberuhigung über den Einsatz als Antibiotika bis hin zur Behandlung von Alzheimer, Multipler Sklerosis, Arthritis und Coronavirus – es scheint nichts zu geben, was kolloidales Silber oder Gold nicht vorbeugen oder heilen kann.
Alternative Heilpraktiker behaupten, kolloidales Silber verfüge über folgende Eigenschaften:
  • Es belaste die Darmflora und das Immunsystem nicht.
  • Es inaktiviere Bakterien, desinfiziere Wunden und Entzündungen und beruhige die Psyche.
  • Kupfer unterstützte angeblich den Blutkrauslauf sowie das Bindegewebe.
  • Kolloidales Zink kann nach Überzeugung der Anbieter zur Wundheilung und Hautpflege eingesetzt werden.
Sie bieten sogar Geräte zur eigenen Herstellung der Flüssigkeit für mehrere Hundert Euro an. Ein halber Liter Silberwasser kann bis zu 50 Euro kosten.

Haben kolloidale Metalle eine Wirkung?

Bisher hat keine wissenschaftliche Studie die Wirksamkeit oder den gesundheitlichen Nutzen der inneren Anwendung von kolloidalen Metallen nachgewiesen. Experimente haben zwar gezeigt, dass Silberlösungen gegen krankheitserregende Mikroorganismen wirksam sind. Allerding ist nicht bewiesen, dass dies auch im menschlichen Körper der Fall ist.
Für die pflegende Wirkung kolloidaler Metalle auf gesunder Haut ist die Beweislage lückenhaft. Auch sind keine physiologischen Funktionen für Silber bekannt.
Seriöse Mediziner raten von der Verwendung von kolloidalen Metallen ab:
  1. Die amerikanische Gesundheitsbehörde National Institutes of Health sieht keine Beweise für eine positive Wirkung kolloidaler Metalle auf die Gesundheit.
  2. Auch australische Stellen warnen vor der Verwendung.
  3. Das deutsche Bundesministerium für Gesundheit warnt vor einer erhöhte Risikolage bei Konsumprodukten, der kein Nutzen gegenüberstehe.
Im Gegenteil: Eine langfristige Verwendung von kolloidalen Metallen kann dazu führen, dass sich Silber irreversibel im Organismus ablagert. Die Nanopartikel können bei tropischer Anwendung durch die Haut dringen und toxisch wirken. Eine Dunkelverfärbung der Haut (Argyrie) und lokale Einlagerungen, die zu neurologischen Beeinträchtigungen führen, können die Folge sein. Ablagerungen in Organen können zu chronischen Bauchschmerzen, Störungen des Geschmackssinns und des Gangs führen und Schwindel- und Krampfanfälle auslösen. Wird Silberwasser während der Schwangerschaft eigenommen, kann es zu Fehlbildungen des Babys kommen.
Deshalb müssen Anbieter, die kolloidales Metall verkaufen, ihr Angebot auch mit Hinweisen versehen, dass es sich weder um ein Medikament noch um ein anerkanntes Nahrungsergänzungsmittel handelt und die Verwendung auf eigene Gefahr erfolgt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht Fertigpräparate mit kolloidalem Silber zum Einnehmen als Arzneimittel an. Solche dürfen nur mit Erlaubnis hergestellt und mit Arzneimittelzulassung in Verkehr gebracht werden.
Der Konsum von Nanosilber birgt allerdings eine noch größere Gefahr. Nämlich, dass Allergien entstehen und die Selektion multiresistenter Krankheitserreger begünstigt wird. Dann wäre ein medizinischer Einsatz nicht mehr möglich.